Mit Urteil vom 18.06.2024 (Aktenzeichen: 12 U 179/23) hat das Oberlandesgericht Karlsruhe klargestellt, dass das Anerkenntnis der Leistungspflicht in der Berufsunfähigkeitsversicherung auch hinsichtlich der bei der Beurteilung zu Grunde gelegten maßgeblichen bisherigen Berufstätigkeit des Versicherten bindend ist. Bei einer späteren Leistungseinstellung wegen konkreter Verweisung ist der Versicherer gehindert, der Vergleichsbetrachtung einen abweichenden Bezugsberuf zu Grunde zu legen.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
1
Der Kläger verlangt fortgesetzte Leistung aus einer beim Beklagten bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung.
2
Der Kläger hat beim Beklagten im Jahr 2008 eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen mit einer vereinbarten Versicherungs- und Leistungsdauer bis längstens 01.01.2048, Versicherungsschein-Nr. 3… Vereinbart ist die Leistungsstaffel I. Die bedingungsgemäße Rentenhöhe betrug zuletzt 594,92 EUR.
Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen für die Selbstständige Berufsunfähigkeits-Versicherung (Anl. K2, i.F.: B-SBU) lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 1 Welche Leistungen erbringen wir?
(1) Wird die versicherte Person während der Dauer dieser Versicherung voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50% berufsunfähig (Leistungsstaffel I) oder ist sie es während dieser Zeit geworden, erbringen wir während der jeweils vereinbarten Leistungsdauer folgende Versicherungsleistungen:
a) Zahlung der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente monatlich im Voraus;
b) volle Befreiung von der Beitragspflicht.“
…
§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls voraussichtlich mindestens 6 Monate außerstande ist, ihren versicherten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben.
…
(4) Berufsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn die versicherte Person eine andere Tätigkeit konkret ausübt, die entsprechend ihren Kenntnissen, Fähigkeiten und ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgeübt werden kann und die wirtschaftlich und in ihrer gesellschaftlichen Wertschätzung der Lebensstellung entspricht, die vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung bestanden hat.
Die dabei für die versicherte Person zumutbare Einkommensreduzierung wird von uns je nach Lage des Einzelfalles auf die im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte Größe im Vergleich zum jährlichen Bruttoeinkommen im zuletzt vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgeübten Beruf begrenzt. Sie beträgt jedoch maximal 20%.
…
§ 3 Was ist der versicherte Beruf?
(1) Als versicherter Beruf im Sinne von § 2 Abs. 1 gilt die berufliche Tätigkeit, die zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübt wurde.
(2) Übt die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit keine berufliche Tätigkeit aus, ist aber noch nicht gemäß § 2 Abs. 5 aus dem Berufsleben ausgeschieden, gilt die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als versichert.
…
§ 14 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen; dies gilt nicht für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse. Dabei gilt als versicherter Beruf neben einer Tätigkeit gemäß § 3 auch eine inzwischen aufgenommene Tätigkeit, die aufgrund neu erworbener beruflicher Fähigkeiten ausgeübt wird, sofern sie weiterhin der Lebensstellung vor Eintritt der Berufsunfähigkeit entspricht.
…
(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad vermindert, endet oder mindert sich unsere Leistungsverpflichtung gemäß der vereinbarten Leistungsstaffel; entsprechend kann Ihre Beitragszahlungspflicht wieder beginnen (siehe § 1 Abs. 6). Die Einstellung oder Minderung unserer Leistungen und den Wiederbeginn der Beitragszahlungspflicht legen wir Ihnen in Textform dar und teilen sie dem Anspruchsberechtigten in Textform mit. Die Einstellung oder Minderung unserer Leistungen wird mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang unserer Erklärung bei Ihnen wirksam. Zu diesem Zeitpunkt muss ggf. auch die Beitragszahlung wieder aufgenommen werden. […]“
3
Der am 04.12.1985 geborene Kläger trat im September 2005 eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel bei der Fa. XXX GmbH an, die er im Juni 2008 abschloss (vgl. Anl. K13). Ab 01.07.2008 war er angestellt als kaufmännischer Trainee im Rahmen des Führungsnachwuchsprogramms der Firma. Sein Arbeitsverhältnis endete auf eigenen Wunsch zum 31.08.2010 (vgl. Anlage K14). Sein Bruttoverdienst im Jahr 2010 betrug 14.375,- EUR. Im Oktober 2010 nahm der Kläger ein BWL-Studium auf, das er 2012 abbrach. Es folgten Einschreibungen für Studien in Psychologie, Jura und Informatik. Einen Abschluss erlangte der Kläger in keinem der Studienfächer.
4
Ab dem 16.06.2014 war der Kläger über eine Zeitarbeitsfirma als Produktionshelfer in einem metallverarbeitenden Betrieb tätig, vereinbart war eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden bei einem Stundenlohn von 8,50 EUR. Der Vertrag wurde am 01.08.2014 zum 08.08.2014 arbeitgeberseitig gekündigt (Anl. K7).
5
Am 07.10.2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. In dem ihm vom Beklagten übersandten Versicherten-Fragebogen (Anl. K10) gab er unter anderem an:
7. Geben Sie uns bitte Ihren zuletzt ausgeübten Beruf an.
Produktionsmitarbeiter/-helfer / vor Eintritt der Krankheit: Kaufmann im Groß- & Außenhandel a. Wochenarbeitsstunden: 35 b. Einkommen: 8,50 EUR /Std.
…
8. Bitte schildern Sie uns anhand eines „typischen Arbeitstages“ Ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit vor Eintritt Ihrer gesundheitlichen Beschwerden! Geben Sie hierbei bitte insbesondere die einzelnen Teiltätigkeiten mit dem durchschnittlichen Zeitaufwand an.
Art der Tätigkeit
Durchschnittlicher Zeitaufwand pro Tag in Minuten
Kaufmann/Verkauf von Reifen und Kfz-Dienstleistungen, Beratung von Kunden, Warenbestellung/-annahme, Organisation der Werkstatt, 480 min
6
Mit Schreiben vom 27.10.2014 (Anl. B4) forderte der Beklagte den Kläger auf, ergänzende Angaben zu machen. In dem Schreiben heißt es unter anderem:
Wir bitten Sie, uns noch eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung Ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Produktionshelfer einzureichen. Diese muss so ausgestaltet sein, dass Ihre berufliche Tätigkeit (vor Eintritt der gesundheitlichen Beschwerden) für einen Dritten (Gutachter) nachzuvollziehen ist. Es müssen die anfallenden Leistungen ihrer Art, ihres Umfangs wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.
7
Dieser Aufforderung kam der Kläger mit Schreiben vom 26.11.2014 nach. In diesem schilderte er die gesundheitlichen Schwierigkeiten bei Ausübung der Tätigkeit als Produktionshelfer und bezeichnete diese als Grund für die spätere Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er habe die Tätigkeit nur ca. 1,5 Wochen ausgeübt, dann auf Grund psychischer Probleme abgebrochen und sich in stationäre Behandlung begeben. Erste Anzeichen der Krankheit hätten sich während seiner Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel gezeigt, die Symptome hätten sich während der darauf folgenden Trainee-Ausbildung verstärkt und er nehme an, dass es schließlich zu einem Burn-Out gekommen sei.
8
Nachdem der damalige Rechtsanwalt des Klägers den Beklagten mit Schreiben vom 29.05.2015 (Anl. B5) zur Leistung aufgefordert hatte, ersuchte der Beklagte ihn mit Schreiben vom 30.11.2015 (Anl. B6) einen geeigneten Nachweis für die Berufsunfähigkeit vorzulegen sowie eine Stellungnahme mit Belegen über den tatsächlichen Arbeitsumfang in der Tätigkeit als Produktionshelfer.
9Der Beklagte veranlasste in der Folge eine Untersuchung des Klägers durch den Psychiater Prof. Dr. Sch, die am 16. und 29.03.2016 erfolgte. Mit Schreiben vom 22.04.2016 (Anl. K4) erkannte der Beklagte seine Leistungspflicht ab dem 01.01.2016 an. Das Schreiben lautet auszugsweise:
„Sehr geehrter Herr D.,
Sie beantragten Berufsunfähigkeitsleistungen aufgrund einer psychischen Beschwerdesymptomatik.
Zur Klärung lhres Anspruchs hatten wir eine Untersuchung mit Begutachtung in Auftrag gegeben. Das Gutachten liegt mittlerweile vor. Eine Kopie fügen wir anbei.
Der Gutachter bestätigt den Eintritt des Versicherungsfalls. Nach Einschätzung des Prof. Sch. konnte die Prognose einer mindestens sechs Monate andauernden Berufsunfähigkeit und somit der Eintritt des Versicherungsfalls erstmals Anfang 2016 getroffen werden.
Wir erkennen unsere Leistungspflicht aufgrund der Berufsunfähigkeit ab dem 01.01.2016 an. […]“
10
Das dem Schreiben beigefügte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sch vom 11.04.2016 enthält u.a. folgende Ausführungen (Anl. K10):
Die beim Probanden beschriebene psychopathologische Symptomatik macht Herrn D. unfähig, eine Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann auszuüben. Belasten, ja verunmöglichen die Symptome ihm einerseits tragfähige, kontinuierliche Kontakte mit anderen einzugehen und aufrecht zu erhalten, droht andererseits stets eine Überforderung mit Zuspitzung des Bildes bis hin zur akuten Gefährdung. Aus diesem Grund ist Herr D. nach aller klinisch-psychiatrischer Erfahrung als berufsunfähig einzustufen.
…
3. Wie wirken sich die Befunde auf die einzelnen Teiltätigkeiten der versicherten Person aus (zeitliche Einschränkung)?
Die beschriebene schwere psychopathologische Symptomatik macht nach aller klinischer Erfahrung dem Probanden eine Tätigkeit als Groß- und Einzelhandelskaufmann unmöglich, da die Symptome ihm einen Kontakt zu anderen wie eine Auseinandersetzung mit schier beliebigen Themata maßgeblich erschweren bzw. verunmöglichen. Eine Differenzierung nach Einzeltätigkeiten ist nicht sinnvoll, da alle Tätigkeits- und Lebensbereiche betroffen sind. Allenfalls ist dem Probanden eine stundenweise Tätigkeit von höchstens 2-3 Stunden täglich möglich.
4. Wie lange kann die versicherte Person die einzelnen Teiltätigkeiten trotz der bestehenden Beschwerden noch ausüben?
Eine Ausübung einzelner Teiltätigkeiten ist nicht mehr möglich
5. Wie schätzen Sie das Verhältnis von noch ausübbaren Teiltätigkeiten zu den nicht mehr ausübbaren Teiltätigkeiten ein?
Möglich sind dem Probanden allenfalls alltagspraktische Verrichtungen wie das Pflegen der Wohnung, Einkäufe oder Besuche bei eng Vertrauten wie der Mutter. Allerdings ist Herr D. schon hierbei stark eingeschränkt.
11
Zum 01.06.2018 nahm der Kläger eine Tätigkeit bei einem Sicherheitsdienst auf. Sein monatliches Bruttoeinkommen belief sich im Jahr 2019 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden auf 1.292,- EUR. Mit Schreiben vom 26.06.2020 (Anl. K5) erklärte der Beklagte im Hinblick auf diese Tätigkeit die Einstellung seiner Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung zum 01.10.2020. Im Vergleich zu der früheren Tätigkeit als Produktionshelfer liege sogar eine Steigerung des Einkommens vor, die Wahrung der Lebensstellung sei entsprechend zu bejahen. Mit der Klageerwiderung vom 19.05.2022 wurde vorsorglich erneut die Einstellung der Leistungen erklärt, unter Darlegung eines Vergleichs der Kenntnisse und Fähigkeiten, der Vergütung und der sozialen Wertschätzung zwischen der Tätigkeit als Produktionshelfer/Maschinenbediener und derjenigen als Sicherheitsmitarbeiter im Objektschutz.
12
Der Kläger hat vorgetragen, dass der Beklagte weiterhin an sein mit Schreiben vom 22.04.2016 erklärtes Anerkenntnis gebunden sei. So sei die Einstellungsmitteilung bereits formell fehlerhaft, im Übrigen hätten aber auch die materiellen Voraussetzungen für eine Leistungseinstellung nicht vorgelegen. Maßgebliche Vergleichstätigkeit sei nicht die Tätigkeit als Produktionshelfer, sondern die früher ausgeübte Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann. Er verlangte Fortzahlung der geschuldeten Berufsunfähigkeitsrente.
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Der Kläger hat beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Berufsunfähigkeitsrenten aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Versicherung Nr. 3… in Höhe von insgesamt 12.974,361 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu viel geleistete Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 421,79 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
3. Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger beginnend ab 01.07.2022 jeweils monatlich im Voraus bis zum dritten Werktag eines Monats aus der zwischen den Parteien bei der Beklagten bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Nr. 3… bis längstens 01.01.2048 oder bis zum Ende seiner Berufsunfähigkeit monatlich 594,92 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem vierten Werktag eines Monats zu zahlen.
4.Es wird festgestellt, dass den Kläger ab dem 01.07.2022 nicht mehr verpflichtet ist, die Versicherungsprämien aus der streitgegenständlichen Versicherung zur Nr. 3… zu bezahlen.
5.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 3.081,03 EUR zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
14
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
15
Er hat geltend gemacht, dass die Leistungseinstellung wirksam erfolgt sei auf Grundlage der Verweisung auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit bei einem Sicherheitsdienst. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit sei auf die zuletzt vor dem Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübte Berufstätigkeit als Produktionshelfer abzustellen. Die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann sei dagegen nicht maßgeblich, der Kläger habe diese aus freien Stücken aufgegeben, zudem habe die zum Zeitpunkt des Leistungsanerkenntnis bereits sechs Jahre zurückgelegen.
16
Das Landgericht hat der Klage fast vollständig stattgegeben. Es hat den Beklagten zur Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente sowie der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt und weiter festgestellt, dass der Kläger nicht mehr zur Zahlung der Versicherungsprämie verpflichtet war. Die materiellen Voraussetzungen für eine wirksame Verweisung hätten nicht vorgelegen, das Anerkenntnis vom 22.04.2016 wirke entsprechend fort. Das Anerkenntnis sei nach Auslegung so zu verstehen, dass diesem die Tätigkeit des Klägers als Groß- und Außenhandelskaufmann zu Grunde gelegen habe. Dafür spreche, dass der Kläger in seinem Leistungsantrag diese als die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit bezeichnet hatte und der vom Beklagten beauftragte Gutachter ebenfalls ausdrücklich auf diese Tätigkeit abgestellt hatte. Hieran müsse sich der Beklagte im Hinblick auf die beabsichtigte Verweisung auf einen anderen Beruf festhalten lassen. Die ab dem 01.06.2018 ausgeübte Tätigkeit für einen Sicherheitsdienst entspreche nicht der durch die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann bestimmten Lebensstellung des Klägers, dies schon deshalb, da sein Bruttoeinkommen nunmehr 28% niedriger sei.
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Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil und greift insbesondere die Auslegung des Leistungsanerkenntnisses durch das Landgericht an. Das Landgericht habe im Ausgangspunkt verkannt, dass es sich bei dem Anerkenntnis um eine Willenserklärung des Beklagten handele und entsprechend darauf abzustellen sei, was aus dessen Sicht die maßgebliche Tätigkeit des Klägers für die Frage der Berufsunfähigkeit gewesen sei und was er diesbezüglich dem Kläger mitgeteilt hatte. Dies sei die Tätigkeit als Produktionshelfer gewesen. So habe der Kläger im Versicherten-Fragebogen bezüglich seiner Arbeitszeit und der Entlohnung selbst die Tätigkeit als Produktionshelfer zu Grunde gelegt. Weiter spreche für dieses Ergebnis die Beschreibung seiner Tätigkeit als Produktionshelfer durch den Kläger in seinem Schreiben vom 26.11.2014 sowie die darauffolgende Aufforderung des Beklagten, den entsprechenden Vortrag zu ergänzen. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Landgerichts, dass aus dem Versicherten-Fragebogen hervorgehe, dass der Kläger von einer zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann ausgegangen sei, zumal der Kläger diesen Beruf zuvor aus freien Stücken aufgegeben habe. Zu Unrecht berufe sich das Landgericht insofern auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sch. Dieser habe nicht tragend auf die Tätigkeit des Klägers als Groß- und Außenhandelskaufmann abgestellt, sondern vielmehr festgestellt, dass dem Kläger krankheitsbedingt allenfalls alltagspraktische Verrichtungen möglich seien. Im Gutachtenauftrag habe der Beklagte den Sachverständigen zudem ausdrücklich aufgefordert, die Berufsunfähigkeit im Hinblick auf die Tätigkeit als Produktionshelfer zu prüfen. Er habe somit keinen Einfluss darauf gehabt, dass der Sachverständige in seinem Gutachten sodann auf die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann eingegangen war. Fehlerhaft sei das Urteil des Landgerichts im Übrigen auch insofern, als es keinerlei Feststellungen zur konkreten Ausgestaltung der Tätigkeit des Klägers als Groß- und Außenhandelskaufmann getroffen habe. Jedenfalls müsse der Feststellungsausspruch in Ziffer 4 des Tenors begrenzt werden, um nicht die künftige Möglichkeit einer Einstellung abzuschneiden.
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Der Beklagte beantragt,
Das Endurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 06.10.2023 – 21 O 68/22 wird abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
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Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
20
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Mit seinem Anerkenntnis habe der Beklagte zum Ausdruck gebracht, das maßgeblich für die Frage der Berufsunfähigkeit die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann gewesen sei. Die Tätigkeit als Produktionshelfer habe die Lebensstellung des Klägers im Übrigen schon auf Grund ihrer geringen Dauer nicht prägen können.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Berufung der Versicherung zurückgewiesen:
Der Kläger kann weiterhin Leistung aus der beim Beklagten bestehenden Berufsunfähigkeitsversicherung verlangen. Die Leistungspflicht des Beklagten ergibt sich aus § 1 Abs. 1 a) B-SBU i.V.m. dem Anerkenntnis vom 22.04.2016 (Anl. K4). Der Beklagte konnte sich nicht wirksam von seinem Anerkenntnis lösen, § 14 Abs. 1, 4 B-SBU.
24
a) Insofern kann zunächst dahinstehen, ob die Einstellungsmitteilung des Beklagten vom 26.06.2020 (Anl. K5), wie vom Landgericht ausgeführt, den formellen Anforderungen an eine solche Mitteilung genügt.
25
Auch wenn aus § 7 BUZ, der eine Begründung der Entscheidung des Versicherers nicht ausdrücklich vorsieht, nicht unmittelbar folgt, welchen Inhalt die Mitteilung des Versicherers im Einzelnen haben muss, um die von ihm beanspruchte Rechtsfolge – das Enden seiner anerkannten Leistungspflicht – zu bewirken, so ergibt sich aus Sinn und Zweck wie aus der Ausgestaltung der Klausel, dass in der Mitteilung eine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben werden muss, dass die Leistungspflicht des Versicherers enden soll. Sie soll dem obliegenheitstreuen Versicherten, der zuvor dem Versicherer für die Nachprüfung sachdienliche Auskünfte erteilt hat, die Informationen geben, die er benötigt, um sein Prozessrisiko abschätzen zu können. Voraussetzung dafür ist die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des Versicherers. Sie ist für den Versicherten deshalb so bedeutsam, weil er es ist, der sich mit einer Klage gegen die durch eine Mitteilung ausgelösten Rechtsfolgen zur Wehr setzen muss (BGH, Urteil vom 02.11.2005 – IV ZR 15/05, juris Rn. 22; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15.07.2020 – 11 U 91/19, juris Rn. 58).
26
Demzufolge sind an den Inhalt der Änderungsmitteilung strenge Anforderungen zu stellen. Die Mitteilung muss eine für den Versicherungsnehmer nachvollziehbare Begründung enthalten, was sich seit dem ursprünglichen Anerkenntnis des Versicherers geändert hat und aus welchen Gründen die Leistungspflicht entfallen soll. Die Mitteilung muss vor allem eine vergleichende Betrachtung der aus der Sicht des Versicherers maßgeblichen Umstände enthalten, die sich einerseits auf den Zeitpunkt des früheren Anerkenntnisses bezieht und andererseits auf den Zeitpunkt der Einstellung der Zahlungen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.12.2015 – 9 U 104/14, juris Rn. 36). Hat sich der Gesundheitszustand nicht geändert, aber eine neue Verweisungsmöglichkeit ergeben, ist eine berufsbezogene Vergleichsbetrachtung nötig und es müssen die hieraus abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt werden. Dabei sind die frühere, bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit und die jetzt ins Auge gefasste Tätigkeit unter Darlegung der jeweiligen Anforderungen und erforderlichen Fähigkeiten sowie der finanziellen und sozialen Wertschätzung gegenüberzustellen (OLG Nürnberg, Urteil vom 07.11.2022 – 8 U 2115/20, juris Rn. 32; Prölss/Martin/Lücke, VVG, 31. Aufl., § 174 Rn. 25; in diesem Sinne auch bereits BGH, Urteil vom 03.11.1999 – IV ZR 155/98, juris Rn. 33).
27
Mit der Einstellungsmitteilung vom 26.06.2020 verweist der Beklagte den Kläger auf die von diesem zum damaligen Zeitpunkt ausgeübte Tätigkeit bei einem Sicherheitsdienst und stellt diese der zuvor ausgeübten Tätigkeit als Produktionshelfer gegenüber. Der Vergleich zwischen den beiden Tätigkeiten beschränkt sich diesbezüglich auf den jeweiligen Verdienst, weitere Angaben zu den Tätigkeiten fehlen. Zwar gilt insofern, dass Angaben zur neuen Tätigkeit dann entbehrlich sind, wenn der Versicherungsnehmer von den Merkmalen der vom Versicherer benannten anderen Tätigkeit schon deshalb Kenntnis hat, weil er sie konkret ausübt (BGH aaO; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 30.09.2008 – 5 U 156/08 – 16, juris Rn. 37). Die Einstellungsmitteilung verhält sich jedoch auch nicht zur Frage der Vergleichbarkeit der sozialen Wertschätzung der beiden Tätigkeiten aus Sicht des Beklagten. Ob auf Grund der Tatsache, dass es sich jeweils um Tätigkeiten einfacher Art ohne besondere Zugangsvoraussetzungen handelt weitere Angaben vorliegend entbehrlich waren, kann aber im Ergebnis offen bleiben. Weder diese noch die weitere vorsorgliche Einstellung in der Klageerwiderung vom 19.05.2022, bezüglich derer die dargestellten Bedenken wegen der formellen Anforderungen jedenfalls nicht bestehen, war materiell berechtigt.
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b) Die Verweisung des Klägers auf die von ihm zum Zeitpunkt der Einstellungsmitteilung ausgeübte Tätigkeit als Mitarbeiter bei einem Sicherheitsdienst führt entsprechend der zutreffenden Ausführungen des Landgerichts jedenfalls deshalb nicht zu einem Wegfall der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit, da diese Tätigkeit nicht der bisherigen Lebensstellung des Klägers entsprach, § 2 Abs. 4 S-SBU.
29
aa) Als Vergleichstätigkeit ist diesbezüglich die frühere Tätigkeit des Klägers als Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Fa. Pn. Reifendienste GmbH heranzuziehen. Dies ergibt sich, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt, aus dem Leistungsanerkenntnis des Beklagten vom 22.04.2016.
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(1) Insofern gilt, dass das Anerkenntnis der Leistungspflicht zu einer Selbstbindung des Versicherers führt. Dieser ist gehindert, sich bei unverändertem Fortbestand der für die damalige Beurteilung maßgeblichen, ihm bekannt gewordenen Umstände von seiner Erklärung wieder zu lösen bzw. die Berufsunfähigkeit der versicherten Person ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und/oder seiner Kenntnis hiervon abweichend zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2010 – IV ZR 119/09, juris Rn. 9). Eine entsprechende Bindung kann sich insbesondere im Hinblick auf die maßgebliche Tätigkeit ergeben, hinsichtlich derer im Rahmen des Anerkenntnisses die Berufsunfähigkeit bejaht wurde (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22.07.2011 – I-20 U 127/10, juris Rn. 33; OLG München, Urteil vom 30.11.2018 – 25 U 2202/17, juris Rn. 27). Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer den Bezugsberuf zwar nicht ausdrücklich bezeichnet, dieser sich der Anerkenntniserklärung aber im Wege der Auslegung entnehmen lässt (vgl. Senat, Urteil vom 27.03.2019 – 12 U 139/18, 1. c) bb) (2), n.v.).
31
Beim Anerkenntnis handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Versicherers, deren Auslegung sich entsprechend allgemeiner Grundsätze nach den §§ 133, 157 BGB richtet (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24.03.2021 – 11 U 152/18, juris Rn. 28ff.; Langheid/Wandt/Dörner, VVG, 3. Aufl., § 173 Rn. 9). Abzustellen ist auf den objektiven Empfängerhorizont und somit darauf, wie die Erklärung unter Berücksichtigung von Wortlaut, Begleitumständen und Interessenlage nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts im Zeitpunkt ihrer Vornahme zu verstehen war (vgl. nur BGH, Urteil vom 17.12.2020 – I ZR 239/19, juris Rn. 21; BeckOK BGB/Wendtland, 69. Ed., § 133 Rn. 27 m.w.N.). Hierbei ist auch zu beachten, dass der Berufsunfähigkeitsleistung für den Versicherungsnehmer eine große Bedeutung zukommt und er somit besonders schutzwürdig ist. Es obliegt entsprechend dem Versicherer, die ihm obliegende Entscheidung mit der erforderlichen Klarheit mitzuteilen (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 22.08.2023 – 4 U 943/20, juris Rn. 17; Prölss/Martin/Lücke, VVG, 31. Aufl., § 173 Rn. 12, jeweils zu Abgrenzung Anerkenntnis/Kulanzentscheidung). Verbleibende Zweifel gehen zu seinen Lasten (vgl. Senat aaO, 1. c) bb) (2.2)).
32
(2)
Die Auslegung des Anerkenntnisses durch das Landgericht, wonach der Beklagte mit diesem die Berufsunfähigkeit des Klägers in der Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann anerkannt hat, ist zutreffend.
33
(2.1) Ausgangspunkt der Auslegung ist, wie dargelegt, der Wortlaut der Erklärung. In dem Schreiben findet sich keine ausdrückliche Aussage hinsichtlich der vom Beklagten bei der Anerkennung der Berufsunfähigkeit zu Grunde gelegten beruflichen Tätigkeit. Das Landgericht hat sich insofern aber zu Recht auf die Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sch gestützt. Wenn im Schreiben des Beklagten ausgeführt wird, dass nach Einschätzung des Gutachters die Prognose einer mindestens sechs Monate andauernden Berufsunfähigkeit und somit der Eintritt des Versicherungsfalls erstmals Anfang 2016 getroffen werden könne und darauf die Erklärung folgt, dass der Beklagte seine Leistungspflicht ab diesem Zeitpunkt anerkenne, kann dies nur so verstanden werden, dass die Anerkennung der Leistungspflicht sich inhaltlich auf die Einschätzung des Sachverständigen stützt. Dieser bezieht sich in seinem Gutachten aber ausdrücklich und ausschließlich auf die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann. Ein objektiver Betrachter kann die Bezugnahme auf das Gutachten im Schreiben des Beklagten damit nur so verstehen, dass auch das Anerkenntnis unter dieser Prämisse erteilt wurde. Zur Meidung von Wiederholungen wird diesbezüglich im Übrigen auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.
34
Soweit der Beklagte dem entgegenhält, dass der Sachverständige sich nicht darauf beschränkt habe, die Berufsunfähigkeit des Klägers im Hinblick auf die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann festzustellen, sondern vielmehr ausgeführt habe, dass der Kläger allenfalls zu einer stundenweisen Tätigkeit von 2-3 Stunden täglich bzw. alltagspraktischen Verrichtungen in der Lage sei, vermag dies das Auslegungsergebnis des Landgerichts nicht in Frage zu stellen. Die entsprechenden Ausführungen lassen sich nur so verstehen, dass der Sachverständige insofern die aus seiner Sicht gegebene Erheblichkeit der beim Kläger vorliegenden krankheitsbedingten Einschränkungen zum Ausdruck bringen wollte. Hieraus ergibt sich zwar zwangsläufig auch eine Berufsunfähigkeit für andere Tätigkeiten. Die ausdrückliche Bezugnahme im Gutachten auf die frühere Tätigkeit des Klägers als Groß- und Außenhandelskaufmann und deren Bedeutung für die Auslegung des Anerkenntnisses bleibt hiervon aber unberührt. Der weitere Einwand des Beklagten, dass er dem Sachverständigen zuvor die Vorgabe erteilt habe, die Berufsunfähigkeit im Hinblick auf die Tätigkeit als Produktionshelfer zu prüfen, ist für die Auslegung des Anerkenntnisses unbeachtlich. Diese Weisung ist nicht nach außen getreten und findet insbesondere weder im Gutachten selbst, noch im Schreiben vom 22.04.2016 einen Niederschlag. Dem Beklagten hätte es schließlich freigestanden, den Sachverständigen nach Übersendung des Gutachtens auf den, aus seiner Sicht, fehlerhaften Prüfungsansatz hinzuweisen oder einen entsprechenden Hinweis in sein Schreiben vom 22.04.2016 aufzunehmen. Der Verweis des Beklagten auf die Unabhängigkeit des Sachverständigen bei der Erstellung seines Gutachtens geht schon deshalb fehl, da es dem Beklagten freistand, seine Prüfung auf das vorgelegte Gutachten zu stützen.
35
(2.2) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist das Vorgehen des Landgerichts, bei der Auslegung des Anerkenntnisses ergänzend auf den Inhalt des vom Kläger ausgefüllten Versicherten-Fragebogens abzustellen. Die auszulegende Anerkenntniserklärung stellt sich als Antwort des Beklagten auf den Leistungsantrag des Klägers dar und muss entsprechend im Licht der in diesen Zusammenhang vom Kläger abgegebenen Erklärung betrachtet werden (vgl. Senat aaO, 1. c) bb) (2.2); zu dieser Vorgehensweise allgemein auch BGH, Urteil vom 10.10.1989 – VI ZR 78/89, juris Rn. 8).
36
Entsprechend den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts hat der Kläger mit seinen Antworten zum Ausdruck gebracht, dass aus seiner Sicht die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann die relevante Bezugstätigkeit für die Frage der Berufsunfähigkeit darstellte. Indem er als zuletzt ausgeübten Beruf die Tätigkeit als Produktionsmitarbeiter/-helfer angab, gleichzeitig aber als Beruf vor Eintritt der Krankheit die frühere Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann nannte, nahm er ersichtlich Bezug auf die Frage 8., in welcher ausdrücklich nach der Tätigkeit vor Eintritt der gesundheitlichen Beschwerden gefragt wurde. Diesbezüglich können weiter die Versicherungsbedingungen des Beklagten herangezogen werden, in denen unter § 2 Abs. 1, 4 B-SBU ebenfalls jeweils auf die berufliche Tätigkeit ohne gesundheitliche Beeinträchtigung abgestellt wird. Mit der Angabe „Produktionsmitarbeiter/-helfer“ hat der Kläger die Frage nach dem zuletzt ausgeübten Beruf zutreffend beantwortet und entsprechend auch bei den Folgefragen 7a. und 7b. diese Tätigkeit zu Grunde gelegt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass er hinsichtlich der aus seiner Sicht relevanten Tätigkeit in gesunden Tagen auf den Beruf des Groß- und Außenhandelskaufmanns abgestellt hat. Dem Umstand, dass er mit dem Fragebogen den Arbeitsvertrag für seine Tätigkeit als Produktionshelfer beim Beklagten eingereicht hat, kommt keine gesteigerte Bedeutung zu für die hier im Streit stehende Auslegungsfrage.
37
Der Kläger durfte entsprechend davon ausgehen, dass der Beklagte, sollte er diese Frage anders bewerten, dies zum Ausdruck bringen würde. Die spätere Aufforderung des Beklagten an den Kläger mit Schreiben vom 27.10.2014 (Anl. B4), weitere Angaben zu dessen früherer Tätigkeit als Produktionshelfer zu machen, war insofern nicht ausreichend. Der Beklagte hat hiermit zwar zum Ausdruck gebracht, dass er auch dieser Tätigkeit Relevanz für die Frage des Eintritts der Berufsunfähigkeit beigemessen hat. Eine eindeutige Festlegung auf diese Tätigkeit als Bezugsberuf lässt sich jedoch weder diesem Schreiben, noch dem folgenden Schreiben vom 30.11.2015 (Anl. B6) entnehmen. Zudem hat der Kläger in seinem Antwortschreiben vom 26.11.2014 erneut betont, dass er bereits die frühere Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann krankheitsbedingt habe aufgeben müssen. Die Anerkenntniserklärung vom 22.04.2016 konnte der Kläger auch im Licht dieses Austauschs mithin nur so verstehen, dass der Beklagte die Berufsunfähigkeit im Hinblick auf die Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann anerkannt hatte.
38
(2.3) Vorstehendes gilt umso mehr, als das Arbeitsverhältnis des Klägers als Produktionsmitarbeiter/-helfer formal nur etwa 2 Monate vom 16.06.2014 bis 08.08.2014 bestand und er diese Tätigkeit nach seinen Angaben im Schreiben vom 26.11.2014, welche vom Beklagten weder damals noch jetzt in Zweifel gezogen wurden, nur etwa 1,5 Wochen tatsächlich ausgeübt hat. Eine derart kurze Tätigkeit kann nicht als neuer Beruf angesehen werden, da sie die Lebensstellung noch nicht prägen konnte (vgl. Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 4. Aufl. 2020, Kapitel 5. Rn. 35). Dass der Beklagte dennoch bei seinem Anerkenntnis gerade hierauf – fälschlich – abstellen wollte, war dementsprechend und auch aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ganz fernliegend.
39(3) Im Ergebnis war somit auf Grundlage der Anerkenntniserklärung die Wirksamkeit der Verweisung im Hinblick auf die frühere Tätigkeit als Groß- und Außenhandelskaufmann zu prüfen. Inwiefern diese Tätigkeit zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses die Lebensstellung des Klägers tatsächlich geprägt hat und aus welchem Grund es zu einem Wechsel der beruflichen Tätigkeit gekommen war, ist dagegen unerheblich.
40
bb) Die ab dem 01.06.2018 ausgeübte Tätigkeit als Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes entspricht nicht der bisherigen Lebensstellung des Klägers in seinem früheren Beruf als Groß- und Außenhandelskaufmann, §§ 2 Abs. 4, 14 Abs. 1 S-SBU. Dies ergibt sich bereits aus einem Vergleich der jeweils erzielten Einkommen.
41
Der Kläger erzielte im Zeitraum 01.01. – 31.08.2010 ein Bruttoeinkommen von 14.375,- EUR, was einem Monatseinkommen von 1.796,87 EUR entspricht. Das Bruttoeinkommen in der später aufgenommenen Tätigkeit als Sicherheitsmitarbeiter belief sich für 2019 auf 15.504,- EUR, mithin 1.292,- EUR pro Monat. Dass der Kläger diese Tätigkeit nur mit 20 Stunden pro Woche ausgeübt hat, ist unerheblich. Es ist insofern selbst dann auf die tatsächlich erzielten Einkünfte abzustellen, wenn die Einkommensminderung ausschließlich auf einer Minderung der Stundenzahl beruht (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2016 – IV ZR 434/15, juris Rn. 21). Der vom Landgericht zutreffend mit 28% bestimmte Einkommensverlust liegt somit über dem in § 2 Abs. 4 Satz 2 vereinbarten Grenzwert von 20% der zumutbaren Einkommensreduzierung. Der Klausel ist zu entnehmen, dass in diesem Fall eine Verweisung unabhängig von der Frage der Vergleichbarkeit der neuen Tätigkeit ausgeschlossen ist (vgl. zur Wirkung einer solchen Klausel etwa Prölss/Martin/Lücke, VVG, 31. Aufl., § 172 Rn. 88).
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Im Übrigen pflichtet der Senat auch insoweit dem Landgericht bei, als durch die Tätigkeit als Mitarbeiter im Sicherheitsdienst die frühere Lebensstellung als Groß- und Außenhandelskaufmann nicht gewahrt ist. Die Wertschätzung und das persönliche Ansehen, welches der Beruf als solcher verleiht (vgl. Neuhaus, a.a.O., Kapitel 8 Rn. 114), ist für einen Mitarbeiter im Sicherheitsdienst evident geringer als für die Tätigkeit in dem anerkannten Ausbildungsberuf als Groß- und Außenhandelskaufmann, zumal im Rahmen eines Trainees des Führungsnachwuchsprogramms (vgl. Arbeitszeugnis vom 31.08.2010, Anl. K 14).
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2. Neben der Fortsetzung der Rentenleistung kann der Kläger auch Befreiung von seiner Beitragspflicht nach § 1 Abs. 1 b) B-SBU bzw. Rückerstattung bereits geleisteter Beiträge verlangen. Die Verurteilung durch das Landgericht wurde insofern mit der Berufung nicht gesondert angegriffen.
443. Die Berufung bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als mit dieser die Fassung von Ziff. 4 des Tenors der landgerichtlichen Entscheidung angegriffen wird. Entgegen der Auffassung der Klagepartei führt die gewählte Formulierung, dass der Kläger ab dem 01.07.2022 von der Beitragspflicht befreit ist, nicht zu einer unzulässigen Bindung des Beklagten. Zeitliche Grenze der materiellen Rechtskraft eines Urteils ist nach allgemeinen Grundsätzen der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BGH, Urteil vom 28.07.2011 – VII ZR 180/10, juris Rn. 12; Musielak/Voit/Musielak/Wolff, ZPO, 21. Aufl., § 322 Rn. 28 m.w.N.). Der Ausspruch des Landgerichts steht mithin weder einem erneuten Nachprüfungsverfahren, noch einem eventuellen Wiederaufleben der Beitragspflicht in diesem Zusammenhang entgegen. Eine ergänzende Klarstellung war nicht geboten.
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4. Der Kläger kann weiter Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung zur Zahlung in Höhe von 3.081,03 EUR wird mit der Berufung ebenfalls nicht gesondert angegriffen.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.