Versicherungsrecht


Unsere Kanzlei vertritt Versicherungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen bei Rechtsstreitigkeiten mit ihren Versicherern. Dabei sind wir insbesondere im Bereich von Gebäude- und Hausratsschäden (etwa bei Wasser- oder Brandschäden), der Berufsunfähigkeitsversicherung und der Unfallversicherung tätig. Auch bei Widersprüchen bzw. Widerrufen Ihrer Renten- und Lebensversicherungen vertreten wir Sie kompetent und zielorientiert.

 

Wählen Sie die Versicherungssparte, in der wir Ihnen behilflich sein können:

  • Berufsunfähigkeitsversicherung (z.B. Anerkennung der BU, Anfechtung der Versicherung),
  • Gebäudeversicherung (z.B. Regulierung von Elementar-, Wasser- oder Brandschäden),
  • Haftpflichtversicherung (z.B. Anerkennung eines Schadensfalles),
  • Hausratversicherung (z.B. Geltendmachung von Einbrüchen),
  • Kaskoversicherung (z.B. Regulierung von Vollkaskoschäden),
  • Lebensversicherung (z.B. Widerspruch oder Rücktritt von Versicherungsverträgen),
  • Unfallversicherung (z.B. Anerkennung eines Unfalls, Invaliditätssumme).

 


Aktuelles:

BGH: Berufsunfähigkeit und Raubbau an der Gesundheit

Mit vom Beschluss vom 13.12.2023 (Az.: IV ZR 125/23) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht nur dann anzunehmen ist, wenn der Versicherungsnehmer infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls nicht mehr zur Fortsetzung seiner zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit imstande ist. Vielmehr liegt sie auch vor, wenn Gesundheitsbeeinträchtigungen eine Fortsetzung der Berufstätigkeit unzumutbar erscheinen lassen. Letzteres kann etwa dann der Fall sein, wenn sich die fortgesetzte Berufstätigkeit des Versicherungsnehmers angesichts einer drohenden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes als Raubbau an der Gesundheit und deshalb überobligationsmäßig erweist.

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Berufsunfähig bei Chronischem Fatigue Syndrom (CFS)

Mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 13.09.2023 (Az.: 20 U 371/22) hat das Oberlandesgericht Hamm die Berufsunfähigkeit einer Grundschullehrerin anerkannt, die geltend gemacht hat, am Chronischen Fatigue Syndrom erkrankt zu sein. Der Lehrerin wurde ab dem 29.04.2016 bis zum 06.05.2016 und vom 10.05.2016 bis zum 16.05.2017 von dem behandelnden Arzt Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Es schloss sich ein gescheiterter Versuch der beruflichen Wiedereingliederung an. Ab dem 21.08.2017 war die Klägerin nach ärztlicher Bescheinigung erneut durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, bis sie durch Bescheid der Bezirksregierung F. vom 06.12.2017 aufgrund der Ergebnisse einer amtsärztlichen Untersuchung vom 11.10.2017 mit dem Ablauf des 31.12.2017 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wurde. Eine Untersuchung der Klägerin am 26.10.2017 an der N. (G.) ergab als Diagnose ein Chronisches Fatigue Syndrom. Mit Bescheid vom 21.10.2021 wurde die fortgesetzte Dienstunfähigkeit der Klägerin festgestellt. Seit dem 16.05.2022 ist ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Sowohl Landgericht Detmold als auch Oberlandesgericht Hamm sahen auf Grundlage eines psychiatrisch-neurologischen Gutachtens die Klägerin als mindestens 50 % berufsunfähig an.

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Unfallversicherung: Ruptur der Rotatorenmanschette

Häufiger Gegenstand von Klagen im Bereich der Unfallversicherung sind Verletzungen der Rotatorenmanschette. Mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 16.02.2023 (Aktenzeichen: 115 O 81/22) hat das Landgericht Münster klargestellt, dass Voraussetzung für die Leistungspflicht des Unfallversicherers ist, dass festgestellt wird, dass die Sehnen der Rotatorenmanschette über eine gewaltsame Hebelwirkung des Oberarms belastet werden. Diese gewaltsame Hebelwirkung wird nur wirksam, wenn der Stürzende primär auf den Ellenbogen oder den Unterarm aufschlägt.

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Versicherungsnehmer muss sein Gedächtnis bemühen

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 06.09.2023 (Aktenzeichen: 5 U 87/22) den Rücktritt eines Berufsunfähigkeitsversicherers als wirksam angesehen. Die Versicherungsnehmerin hatte bei Antragstellung mehrere Arztbesuche in der Vergangenheit nicht angegeben. Das Gericht meinte, dass ihr die von ihr wahrgenommenen Behandlungen einschließlich der Umstände, die sie zum Arztbesuch veranlassten und die sie dort als ihre Beschwerden schilderte, unzweifelhaft bekannt waren. Bei zumutbarer Anstrengung ihres Gedächtnisses hätte sie sich zumindest daran erinnern können und müssen. 

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Voraussetzungen für die konkrete Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Das OLG Saarbrücken hat mit Urteil vom 05.04.2023 (Aktenzeichen: 5 U 43/22) klargestellt:  Die den Versicherungsnehmer einer Berufsunfähigkeitsversicherung auf eine andere, konkret ausgeübte Tätigkeit verweisende Einstellungsmitteilung bedarf, um nachvollziehbar zu sein, zwar keiner näheren Angaben zu dieser anderen, ihm bekannten Tätigkeit. Der Versicherer muss darin aber erläutern, weshalb er meint, den Versicherungsnehmer auf diesen anderen Beruf verweisen zu können- Dazu gehört auch, dass er die nach seiner Meinung vergleichbare Wertschätzung wenigstens ansatzweise begründet. Die Fortsetzung der früheren Tätigkeit als Vorarbeiter in Wechselschicht kann sich als für den Versicherungsnehmer unzumutbar erweisen, wenn dieser zuvor bereits einen Herzinfarkt erlitten hatte und sich dadurch das Risiko, dass es zu einer erneuten Erkrankung bzw. zu einem Fortschreiten der Erkrankung kommt, nach sachverständigen Feststellungen „potenziert“.

 

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Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten; Sicherstellung und Beschlagnahme von Führerscheinen

Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, der Justiz und für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz
vom 5. April 2001, Az. IC4-3608.12-1-Er, Az. 4103-II-2067/93 + und Az. VII 1/5297-3/1/00

 

 

(AllMBl. S. 165)

Inhaltsübersicht
1.
Allgemeines
2.
Atemalkoholprüfung
2.1.
Verfahren bei der Atemalkoholmessung
2.1.1.
Belehrung
2.1.2.
Gewinnung der Atemprobe
2.1.3.
Messprotokoll
2.2.
Löschung der personenbezogenen Daten
3.
Körperliche Untersuchung und Blutentnahme
3.1
Rechtliche Grundlagen
3.1.1
Beschuldigte und Betroffene
3.1.2
Andere Personen
3.1.3
Verstorbene
3.2
Gründe für die Anordnung
3.2.1
Verkehrsstraftaten
3.2.2
Verkehrsordnungswidrigkeiten
3.2.3
Unklare Verdachtslage
3.2.4
Verdacht auf Medikamenten- oder Drogeneinfluss
3.3
Verzicht auf die Anordnung
3.3.1
Privatklagedelikte, leichte Vergehen, Ordnungswidrigkeiten, Ergebnis der Atemalkoholprüfung
3.3.2
Ausnahmen
3.4
Zuständigkeit für die Anordnung
3.5
Verfahren bei der Blutentnahme
3.5.1
Entnahme der Blutprobe
3.5.2
Protokoll
3.5.3
Anordnung/Anwendung von Zwang
3.5.4
Zweite Blutentnahme
3.5.5
Sicherung der Blutproben
3.6
Verfahren bei der Untersuchung
4.
Urinproben
5.
Haarproben
6.
Vernichtung des Untersuchungsmaterials
6.1
Untersuchungsproben
6.2
Untersuchungsbefunde
7.
Sicherstellung/Beschlagnahme von Führerscheinen
7.1
Voraussetzungen
7.1.1
Atemalkoholprüfung
7.1.2
Weigerung
7.2
Verfahren
7.2.1
Abgabe an die Staatsanwaltschaft
7.2.2
Rückgabe an Betroffene
7.2.3
Ausländische Führerscheine
8.
Bevorrechtigte Personen
8.1
Abgeordnete
8.2
Diplomaten u. a.
8.3
Stationierungsstreitkräfte
8.3.1
Grundsätze
8.3.2
Erlaubnisse zum Führen dienstlicher Kraftfahrzeuge
8.3.3
Erlaubnisse zum Führen privater Kraftfahrzeuge
9.
Kosten
10.
In-Kraft-Treten

1. Allgemeines

Bei Verdacht einer unter der Einwirkung von Alkohol oder anderen, allein oder im Zusammenwirken mit Alkohol auf das Zentralnervensystem wirkenden Stoffen (Medikamente, Drogen) begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit ist zu prüfen, ob eine Atemalkoholprüfung, eine körperliche Untersuchung, eine Blutentnahme, eine Urinprobe oder eine Haarprobe in Betracht kommen. Besonders wichtig sind diese Maßnahmen bei Verdacht schwerwiegender Straftaten und Verkehrsstraftaten, bei denen zudem eine Sicherstellung oder Beschlagnahme von Führerscheinen (Nr. 7) in Betracht kommen kann, sowie bei Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24a, 24c StVG, § 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 und 5; § 45 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3 Buchst. a, Nr. 4 Buchst. a BOKraft in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Nr. 4 PBefG und § 28 Nr. 13, § 37 Abs. 1 Nr. 20 Buchst. m GGVSEB in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GGBefG.

2. Atemalkoholprüfung

Atemalkoholprüfungen (Vortest und Atemalkoholmessung) sind keine körperlichen Untersuchungen im Sinne von § 81a StPO. Eine rechtliche Grundlage für ihre zwangsweise Durchsetzung besteht nicht. Sie können daher, und weil sie ein aktives Mitwirken erfordern, nur mit Einverständnis der betroffenen Person durchgeführt werden und sollen die Entscheidung über die Anordnung einer Blutentnahme erleichtern. Die Atemalkoholmessung mittels Atemalkoholmessgerät dient darüber hinaus auch der Feststellung, ob die in § 24a Abs. 1 StVG genannten Atemalkoholwerte erreicht oder überschritten sind bzw. im Fall von Tatbeständen, die keinen dem Wert nach bestimmten Grad der Alkoholisierung verlangen (z.B. § 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 und 5; § 45 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3 Buchst. a, Nr. 4 Buchst. a BOKraft in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Nr. 4 PBefG, § 28 Nr. 13, § 37 Abs. 1 Nr. 20 Buchst. m GGVSEB in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GGBefG oder § 24c StVG), ob der Fahrer unter der Wirkung von alkoholischen Getränken steht. Wird die Atemalkoholprüfung abgelehnt oder das Test- beziehungsweise Messgerät nicht vorschriftsmäßig beatmet, sind bei Verdacht auf rechtserhebliche Alkoholbeeinflussung eine körperliche Untersuchung und die Blutentnahme anzuordnen. Für die Belehrung gilt Nr. 2.1.1 entsprechend auch für den Vortest.

2.1. Verfahren bei der Atemalkoholmessung

Die Verwertbarkeit der Atemalkoholmessung als Beweismittel hängt entscheidend davon ab, dass Fehlmessungen zu Lasten der betroffenen Person sicher ausgeschlossen werden. Deshalb darf die Atemalkoholmessung nur unter Beachtung der folgenden Regeln durchgeführt werden.

2.1.1. Belehrung

Vor Durchführung der Atemalkoholmessung ist die betroffene Person ausdrücklich darüber zu belehren, dass die Messung nur mit ihrem Einverständnis durchgeführt wird. Der betroffenen Person ist dabei zu eröffnen, welche Straftat oder Ordnungswidrigkeit ihr zur Last gelegt wird. Ablauf und Zweck der Messung sind zu erläutern; auf die Folgen einer Weigerung oder einer nicht vorschriftsmäßigen Beatmung des Messgerätes ist hinzuweisen.

2.1.2. Gewinnung der Atemprobe

Zur Atemalkoholmessung dürfen nur von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt Braunschweig und Berlin zugelassene und von den zuständigen Eichbehörden gültig geeichte Atemalkoholmessgeräte verwendet werden. Die Messung muss von dazu ausgebildeten Personen unter Beachtung der DIN VDE 0405, Teil 3, beschriebenen Verfahrens und der für das jeweilige Messgerät gültigen Gebrauchsanweisung durchgeführt werden.
Der Messvorgang, der sich aus zwei Einzelmessungen zusammensetzt, darf frühestens 20 Minuten nach Trinkende erfolgen (Wartezeit).
Das Messpersonal achtet dabei besonders auf Umstände, durch die der Beweiswert der Messergebnisse beeinträchtigt werden kann, vergewissert sich, dass die Gültigkeitsdauer der Eichung nicht abgelaufen ist, die Eichmarke unverletzt ist, das Messgerät keine Anzeichen einer Beschädigung aufweist und stellt namentlich sicher, dass die Daten der betroffenen Person ordnungsgemäß in das Messgerät eingegeben werden, das Mundstück des Messgerätes gewechselt wurde und die betroffene Person in einer Kontrollzeit von mindestens zehn Minuten vor Beginn der Messung keine Substanzen aufnimmt, insbesondere nicht isst oder trinkt, kein Mundspray verwendet und nicht raucht. Die Kontrollzeit kann in der Wartezeit enthalten sein. Während der Messung ist auf die vorschriftsmäßige Beatmung des Messgerätes zu achten. Nach der Messung hat sich das Messpersonal davon zu überzeugen, dass die im Anzeigenfeld des Messgerätes abgelesene Atemalkoholkonzentration mit dem Ausdruck des Messprotokolls übereinstimmt. Zeigt das Messgerät eine ungültige Messung an und liegt die Ursache in einem Verhalten der zu untersuchenden Person, so ist bei der Wiederholungsmessung auf eine Vermeidung zu achten.

2.1.3. Messprotokoll

Die Einhaltung des für die Atemalkoholmessung vorgeschriebenen Messverfahrens ist mittels Messprotokollausdruck zu dokumentieren. Auf dem von dem Messgerät erstellten Ausdruck bestätigt das Messpersonal durch Unterschrift, dass es zur Bedienung des Gerätes befugt ist und die Messung nach Maßgabe der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers durchgeführt wurde. Auf dem Messprotokoll ist für Rückfragen neben der Unterschrift auch der Familienname und die Dienststelle der den Test durchführenden Person anzugeben. Das Messprotokoll ist zu den Akten zu nehmen.

2.2. Löschung der personenbezogenen Daten

Nach Durchführung der Messungen und Ausdruck des Messprotokolls sind die personenbezogenen Daten aus dem Messgerät zu löschen.

3. Körperliche Untersuchung und Blutentnahme

3.1 Rechtliche Grundlagen

3.1.1 Beschuldigte und Betroffene

Bei Beschuldigten und Betroffenen sind ohne ihre Einwilligung die körperliche Untersuchung sowie die Blutentnahme zur Feststellung von Tatsachen zulässig, die für das Verfahren von Bedeutung sind, wenn kein Nachteil für ihre Gesundheit zu befürchten ist (§ 81a Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG). Betroffene haben jedoch nur die Blutentnahme und andere geringfügige Eingriffe zu dulden (§ 46 Abs. 4 OWiG).

3.1.2 Andere Personen

Bei anderen Personen als Beschuldigten oder Betroffenen ist ohne ihre Einwilligung
die körperliche Untersuchung nur zulässig, wenn sie als Zeuginnen oder Zeugen in Betracht kommen und zur Erforschung der Wahrheit festgestellt werden muss, ob sich an ihrem Körper eine bestimmte Spur oder Folge einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit befindet (§ 81c Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG);
die Blutentnahme nur zulässig, wenn kein Nachteil für die Gesundheit zu befürchten und die Maßnahme zur Erforschung der Wahrheit unerlässlich ist (§ 81c Abs. 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG).
In diesen Fällen können die Untersuchung und die Blutentnahme aus den gleichen Gründen wie das Zeugnis verweigert werden; beide Maßnahmen sind ferner unzulässig, wenn sie der betroffenen Person bei Würdigung aller Umstände nicht zugemutet werden können (§ 81c Abs. 3, 4 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG).

3.1.3 Verstorbene

Bei Leichen sind Blutentnahmen zur Beweissicherung nach § 94 StPO zulässig.

3.2 Gründe für die Anordnung

3.2.1 Verkehrsstraftaten

Eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme sind in der Regel anzuordnen bei Personen, die verdächtig sind, unter Einwirkung von Alkohol und/oder von sonstigen auf das Zentralnervensystem wirkenden Stoffen (Medikamente, Drogen) eine Straftat begangen zu haben, namentlich
ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben unter Einfluss von Medikamenten oder Drogen oder mit 0,3 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder einer Alkoholmenge im Körper, die zu einer solchen Blutalkoholkonzentration führt, wenn es infolge des Konsums zu Ausfallerscheinungen, einer verkehrswidrigen Fahrweise oder einem Verkehrsunfall gekommen ist;
ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben mit 1,1 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder einer Alkoholmenge im Körper, die zu einer solchen Blutalkoholkonzentration führt;
ein Fahrrad im Straßenverkehr geführt zu haben mit 1,6 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder einer Alkoholmenge im Körper, die zu einer solchen Blutalkoholkonzentration führt;
ein Schienenbahn- oder Schwebebahnfahrzeug, ein Schiff oder ein Luftfahrzeug geführt zu haben, obwohl aufgrund der Gesamtumstände angenommen werden muss, dass sie nicht in der Lage waren, das Fahrzeug sicher zu führen.

3.2.2 Verkehrsordnungswidrigkeiten

Eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme sind in der Regel ebenfalls anzuordnen bei Personen, die verdächtig sind, unter Einwirkung von Alkohol und/oder von sonstigen auf das Zentralnervensystem wirkenden Stoffen (Medikamente, Drogen) eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, namentlich
im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung eines der in der Anlage zu § 24a StVG genannten berauschenden Mittels geführt zu haben (§ 24a Abs. 2 StVG);
nach § 3 Abs. 3 und § 61 Abs. 1 Nr. 1a SeeSchStrO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 Seeaufgabengesetz oder § 7 Abs. 1 Binnenschifffahrtsaufgabengesetz, soweit ein Genuss anderer berauschender Mittel im Sinne der genannten Vorschriften in Betracht kommt;
nach § 1 Abs. 3 und § 43 Nr. 3 LuftVO in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Nr. 10 LuftVG.
Bei Personen, die ausschließlich verdächtig sind, eine vorsätzliche oder fahrlässige Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1, 3 StVG begangen zu haben, soll entsprechend Nr. 3.3.1 statt der körperlichen Untersuchung und Blutentnahme eine Atemalkoholmessung (Nr. 2.1) durchgeführt werden. Wird die Atemalkoholprüfung abgelehnt oder das Test- beziehungsweise Messgerät nicht vorschriftsmäßig beatmet, sind bei Verdacht auf rechtserhebliche Alkoholbeeinflussung eine körperliche Untersuchung und die Blutentnahme anzuordnen.
Bei anderen Bußgeldtatbeständen, die entweder ebenfalls Atemalkoholgrenzwerte enthalten oder die keinen dem Wert nach bestimmten Grad der Alkoholisierung bei den Betroffenen verlangen (vgl. Nr. 2), gilt dies entsprechend.

3.2.3 Unklare Verdachtslage

Eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme sind in der Regel auch anzuordnen
bei schwerwiegenden Straftaten und bei schweren Unfällen, die sich anhand örtlicher oder tageszeitlicher Bedingungen, aufgrund der Straßen- und Witterungsverhältnisse oder durch übliche Fehlverhaltensweisen nicht oder nicht ausreichend erklären lassen;
bei unter Alkoholeinwirkung oder der Einwirkung sonstiger auf das Zentralnervensystem wirkender Stoffe (Medikamente, Drogen) stehenden Personen, die sich in oder auf einem Fahrzeug befinden oder befunden haben, wenn die das Fahrzeug führende Person nicht mit Sicherheit festzustellen und der Tatverdacht gegen sie nicht auszuschließen ist;
bei unter Alkoholeinwirkung oder unter der Einwirkung sonstiger auf das Zentralnervensystem wirkender Stoffe (Medikamente, Drogen) stehenden anderen Personen (z.B. Fußgänger oder Beifahrer), wenn sie im Verdacht stehen, den Straßenverkehr gefährdet zu haben und wenn dadurch andere Personen verletzt oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist;
bei Verstorbenen, wenn Anhaltspunkte für die Einwirkung von Alkohol oder sonstigen auf das Zentralnervensystem wirkenden Stoffen (Medikamente, Drogen) vorhanden sind (z.B. Alkoholgeruch, Zeugenaussage, Art des zum Tode führenden Geschehens), es sei denn, ein Fremdverschulden ist auszuschließen; wenn eine Atemalkoholprüfung nicht durchgeführt werden kann (vgl. Nr. 2 Satz 5).

3.2.4 Verdacht auf Medikamenten- oder Drogeneinfluss

Anhaltspunkte für das Einwirken sonstiger auf das Zentralnervensystem wirkender Stoffe (Medikamente, Drogen) sind insbesondere typische Ausfallerscheinungen oder unerklärliche Fahrfehler, die trotz auszuschließender Alkoholeinwirkung beziehungsweise nicht eindeutiger oder ausschließlicher Alkoholbeeinflussung (z.B. nach vorhergegangenem Atemalkoholtest) festgestellt werden. Als weitere Anhaltspunkte kommen das Auffinden von Medikamenten, Drogen oder Gegenständen, die dem Konsum von Betäubungsmitteln dienen, sowie die positive Kenntnis früherer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in Betracht.

3.3 Verzicht auf die Anordnung

3.3.1 
Eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme sollen grundsätzlich unterbleiben
bei den Privatklagedelikten des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB), der Beleidigung (§§ 185 bis 189 StGB) und der einfachen Sachbeschädigung (§ 303 StGB);
bei leichten Vergehen und Ordnungswidrigkeiten, mit Ausnahme der unter Nr. 3.2.1 und 3.2.2 genannten Regelfälle, es sei denn, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Täter oder die Täterin schuldunfähig oder vermindert schuldfähig sein könnte (§§ 20, 21, 323 a StGB, § 12 Abs. 2, § 122 OWiG);
wenn im Rahmen der Atemalkoholprüfung bei vorschriftsmäßiger Beatmung des elektronischen Atemalkoholprüfgerätes (Vortest- oder Atemalkoholmessgerät) weniger als 0,25 mg/l (oder 0,5 Promille) angezeigt werden und kein Bußgeldtatbestand in Betracht kommt, der keinen dem Wert nach bestimmten Grad der Alkoholisierung verlangt (vgl. Nr. 2);
wenn die entsprechend Nr. 2.1 durchgeführte Atemalkoholmessung einen Atemalkoholwert unter 0,55 mg/l ergeben hat und lediglich der Verdacht einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG besteht.
3.3.2 Ausnahmen
Die Maßnahmen müssen auch in diesen Fällen angeordnet werden,
falls sie nach pflichtgemäßer Überprüfung wegen der Besonderheiten des Einzelfalles (Schwere oder Folgen der Tat, Verdacht auf Medikamenten- oder Drogeneinfluss, relative Fahruntüchtigkeit) ausnahmsweise geboten sind;
falls das Testergebnis zwar einen unter 0,25 mg/l (oder 0,5 Promille) liegenden Atemalkoholwert ergibt, der Test aber später als eine Stunde nach der Tat durchgeführt werden konnte und
äußere Merkmale (z.B. gerötete Augen, enge oder weite Pupillen, Sprechweise, schwankender Gang) oder
die Art des nur durch alkoholtypische Beeinträchtigung erklärbaren Verkehrsverhaltens
auf eine Alkoholbeeinflussung zur Tatzeit hindeuten;
auf Weisung der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft an die Polizei.

3.4 Zuständigkeit für die Anordnung

Die Anordnung einer körperlichen Untersuchung sowie einer Blutentnahme steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft, deren Ermittlungspersonen und den Verfolgungsbehörden zu. Sollen Minderjährige oder Betreute, die nicht beschuldigt oder betroffen sind, körperlich untersucht oder einer Blutentnahme unterzogen werden, so kann das Gericht und, wenn dieses nicht rechtzeitig erreichbar ist, die Staatsanwaltschaft die Maßnahme anordnen, falls der gesetzliche Vertreter zustimmen müsste, aber von der Entscheidung ausgeschlossen oder an einer rechtzeitigen Entscheidung gehindert ist und die sofortige Untersuchung oder Entnahme von Blutproben zur Beweissicherung erforderlich erscheint (§ 81a Abs. 2, § 81c Abs. 3 und 5, § 98 Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 OWiG).

3.5 Verfahren bei der Blutentnahme

3.5.1 Entnahme der Blutprobe

Blutentnahmen dürfen nur von Ärzten nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden. Ersuchen um Blutentnahmen sind an Ärzte zu richten, die rechtlich dazu verpflichtet oder bereit sind. Andere Ärzte sind nicht verpflichtet, Ersuchen um Blutentnahmen nachzukommen.
Da die Richtigkeit der bei der Untersuchung auf Alkohol sowie Drogen und Medikamente gewonnenen Messwerte wesentlich von der sachgemäßen Blutentnahme abhängt, ist dabei grundsätzlich wie folgt zu verfahren:
Das Blut ist möglichst bald nach der Tat zu entnehmen.
Es ist durch Venen-Punktion mittels eines von der zuständigen Landesbehörde zugelassenen Blutentnahmesystems zu entnehmen, bei dem die Verletzungs- und Kontaminationsgefahr minimiert ist. Die Einstichstelle ist mit einem geeigneten nichtalkoholischen Desinfektionstupfer, der luftdicht verpackt gewesen sein muss, zu desinfizieren. Die Punktion ist in der Regel aus einer Vene der oberen Extremitäten vorzunehmen. Zumindest für die jeweiligen Nadelsysteme und Tupfer sind geeignete Entsorgungsgefäße vorzuhalten.
Bei Leichen ist das Blut in der Regel aus einer durch Einschnitt freigelegten Oberschenkelvene zu entnehmen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Spuren vernichtet werden. Falls bei einer Obduktion die Blutentnahme aus der Oberschenkelvene nicht möglich ist, müssen die Entnahmestelle und die Gründe für ihre Wahl angegeben werden.
Aus dem ärztlichen Bericht müssen Name und Anschrift des untersuchenden Arztes deutlich hervorgehen.

3.5.2 Protokoll

Die polizeiliche Vernehmung/Anhörung über die Aufnahme von Alkohol, Drogen oder Medikamenten sowie die körperliche Untersuchung sind nach Maßgabe der hierzu verwendeten Formblätter vorzunehmen. Sie sind möglichst umgehend nach der Tat durchzuführen, um den zur Zeit der Tat bestehenden Grad der alkohol-, drogen- oder medikamentenbedingten Einwirkung festzustellen. Das Protokoll ist zu den Ermittlungsakten zu nehmen. Sofern eine Ausfertigung der Untersuchungsstelle übersandt wird, ist sie in der Weise zu anonymisieren, dass zumindest Anschrift, Geburtstag und Geburtsmonat nicht übermittelt werden.

3.5.3 Anordnung/Anwendung von Zwang

Beschuldigte oder Betroffene, die sich der körperlichen Untersuchung oder Blutentnahme widersetzen, sind mit den nach den Umständen erforderlichen Mitteln zu zwingen, die körperliche Untersuchung und die Blutentnahme zu dulden.
Gegen andere Personen als Beschuldigte oder Betroffene (vgl. Nr. 3.1.2) darf unmittelbarer Zwang nur auf besondere richterliche Anordnung angewandt werden (§ 81c Abs. 6 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG).

3.5.4 Zweite Blutentnahme

Eine zweite Blutentnahme ist im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur in Ausnahmefällen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles anzuordnen. Dazu besteht z.B. Anlass, wenn
Anhaltspunkte für die Annahme gegeben sind, dass Beschuldigte oder Betroffene innerhalb einer Stunde vor der ersten Blutentnahme Alkohol zu sich genommen haben;
sich der Beschuldigte oder Betroffene auf Nachtrunk berufen oder Anhaltspunkte für einen Nachtrunk vorliegen.
Die zweite Blutentnahme soll 30 Minuten nach der ersten Blutentnahme erfolgen.

3.5.5 Sicherung der Blutproben

Die die körperliche Untersuchung und Blutentnahme anordnende oder eine von ihr zu beauftragende Person soll bei dem gesamten Blutentnahmevorgang zugegen sein. Sie hat darauf zu achten, dass Verwechslungen von Blutproben bei der Blutentnahme ausgeschlossen sind.
Die bei der Blutentnahme anwesende Person ist auch für die ausreichende Kennzeichnung der Blutprobe(n) verantwortlich. Zu diesem Zweck sollen mehrteilige Klebezettel verwendet werden, die jeweils die gleiche Identitätsnummer tragen.
Die für die Überwachung verantwortliche Person hat die Teile des Klebezettels übereinstimmend zu beschriften. Ein Teil ist auf das mit Blut gefüllte Röhrchen aufzukleben. Der zweite Abschnitt ist auf das Untersuchungsprotokoll aufzukleben, das der Untersuchungsstelle übersandt wird. Ihm ist zugleich der dritte Abschnitt lose anzuheften. Er ist nach Feststellung des Blutalkohol- beziehungsweise Drogengehalts für das Gutachten zu verwenden. Der vierte Teil des Klebezettels ist in die Ermittlungsvorgänge einzukleben. Bei einer zweiten Blutentnahme ist auf den Klebezetteln die Reihenfolge anzugeben. Die Richtigkeit der Beschriftung ist vom Arzt zu bescheinigen.
Die bruchsicher verpackten Röhrchen sind auf dem schnellsten Weg der zuständigen Untersuchungsstelle zuzuleiten. Bei der Übersendung sind die Blutproben möglichst kühl, aber frostsicher zu lagern.

3.6 Verfahren bei der Untersuchung

Die Untersuchungsstelle hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Verwechslungen von Blutproben ausgeschlossen werden. Die Aufzeichnungen über die Kennzeichnung der Proben und die Ergebnisse der Bestimmung von Blutalkohol und/oder von berauschenden Mitteln und deren Abbauprodukten sind für die Dauer von sechs Jahren aufzubewahren, damit sie gegebenenfalls dem Gericht oder der Verfolgungsbehörde vorgelegt werden können.
Die Blutalkoholbestimmung für forensische Zwecke ist nach den vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt aufgestellten Richtlinien durchzuführen.
Wird die rechtlich zulässige Variationsbreite überschritten, muss die Analyse wiederholt werden. Dem Gutachten sind dann nur die Ergebnisse der zweiten Untersuchung zugrunde zu legen. Tritt ausnahmsweise auch bei dieser eine Überschreitung der zulässigen Variationsbreite ein, so ist dies im Gutachten zu erläutern.
Weichen Sachverständige im Einzelfall von den vorstehenden Grundsätzen ab, so haben sie dem Gericht oder der Verfolgungsbehörde darzulegen, ob hierdurch die Zuverlässigkeit des Untersuchungsergebnisses beeinträchtigt wird.
Die Untersuchungsstellen haben zur Gewährleistung einer gleich bleibenden Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse laufend interne Qualitätskontrollen vorzunehmen und regelmäßig an Ringversuchen teilzunehmen. Die Untersuchungsstellen haben über eine Akkreditierung nach DIN EN ISO 17025:2005 zu verfügen.
Das Gutachten der Untersuchungsstelle ist umgehend der Behörde zuzuleiten, die die Untersuchung veranlasst hat, sofern diese nicht die Übersendung an eine andere Stelle angeordnet hat.
Die Blutprobenreste sollen gekühlt, das Blutserum muss tiefgekühlt aufbewahrt werden.

4. Urinproben

Ergeben sich Anhaltspunkte für die Einnahme von Medikamenten oder Drogen, ist im Fall des Verdachts einer Straftat oder einer schwerwiegenden Ordnungswidrigkeit (z.B. nach § 24a Abs. 2 StVG) neben einer Blutentnahme auf die Abgabe einer Urinprobe hinzuwirken. Die Entscheidung trifft die die Blutentnahme anordnende Person grundsätzlich nach ärztlicher Beratung. Eine solche Maßnahme ist jedoch nur mit Einwilligung der betroffenen Person möglich. Diese ist hierüber zu belehren; die Belehrung ist aktenkundig zu machen. Für die Untersuchung der Urinprobe sollte Urin in ausreichender Menge (möglichst 50 bis 100 ml) zur Verfügung stehen.
Gibt die betroffene Person eine Urinprobe nicht ab, ist bei der Blutentnahme darauf zu achten, dass nicht nur die für die Alkoholfeststellung übliche Blutmenge (ca. 8 bis 10 ml) entnommen wird. In diesen Fällen sollen im Hinblick auf weiter gehende Untersuchungen mindestens 15 ml Blut der betroffenen Person entnommen werden.
Bis zur Übersendung sind Urinproben möglichst kühl zu lagern. Sie müssen in dichtschließenden Behältnissen sowie festem Verpackungsmaterial gegebenenfalls gemeinsam mit gleichzeitig entnommenen Blutproben auf schnellstem Weg der zuständigen Untersuchungsstelle zugeleitet werden. Dabei sollen mit der Blutprobe gleich lautende Identitätsnummern verwendet werden. Die Untersuchungsstelle hat die Urinprobe, soweit sie nicht einer sofortigen Untersuchung unterzogen wird, zur Sicherung einer gerichtsverwertbaren Untersuchung auf berauschende Mittel unverzüglich tiefzufrieren und tiefgefroren aufzubewahren.
Forensisch relevante Analyseergebnisse sind durch den Einsatz spezieller Methoden abzusichern. Der hierzu erforderliche Standard ist durch regelmäßige interne und externe Qualitätskontrollen zu gewährleisten.
Für die Entnahme von Urinproben bei Verstorbenen gilt Nr. 3.1.3 entsprechend.

5. Haarproben

Daneben kommt die Sicherung einer Haarprobe durch Abschneiden in Betracht, wenn die länger dauernde Zufuhr von Medikamenten und Drogen in Frage steht. Die Entnahme einer Haarprobe stellt eine körperliche Untersuchung dar und darf gegen den Willen des Beschuldigten nur von einem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen angeordnet werden (§ 81a Abs. 2 StPO).
Die Sicherung der Haarprobe kann auch durch Angehörige des Polizeidienstes erfolgen.
Bei der Probenahme ist Folgendes zu beachten:
Die Probenahme, das Verpacken und Versenden darf nicht in der Nähe von Rauschmittelasservaten stattfinden.
Grundsätzlich sind für die Haarprobe Kopfhaare zu sichern. Die Entnahme sollte über dem Hinterhauptshöcker erfolgen. Soweit dies nicht möglich ist, sind Kopfhaare an anderer Stelle oder gegebenenfalls andere Körperhaare zu sichern.
Die Probe sollte aus einem mindestens bleistift- bis kleinfingerdicken Strang bestehen.
Die Haare sind vor dem Abschneiden mit einem Bindfaden, möglichst 2 bis 3 cm von der Kopfhaut entfernt, fest zusammenzubinden.
Die zusammengebundenen Haare sind möglichst direkt an der Kopfhaut abzuschneiden. Sollte dies nicht möglich sein, ist die Länge der zurückgebliebenen Haarreste zu dokumentieren.
Die entnommene Haarprobe ist fest in Papier oder Aluminiumfolie einzurollen. Die Probenbeschriftung mit Probenkennung, Bezeichnung der Entnahmestelle, Kennzeichnung von kopfnahem Ende und Haarspitze sowie Angaben zur Länge der verbliebenen Haarreste ist auf dem Bogen zu vermerken.
Für die Sicherung der Qualität der Untersuchung gilt Nr. 4 Abs. 4 entsprechend.

6. Vernichtung des Untersuchungsmaterials

6.1 Untersuchungsproben

Die den Betroffenen entnommenen Urinproben einschließlich des aus ihnen aufbereiteten Materials und der Zwischenprodukte sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie für das betreffende oder ein anderes anhängiges Straf- beziehungsweise Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht mehr benötigt werden. Die Entscheidung über die Vernichtung hat diejenige Stelle zu treffen, der jeweils die Verfahrensherrschaft zukommt.

6.2 Untersuchungsbefunde

Die Untersuchungsbefunde sind zu den Verfahrensakten zu nehmen und mit diesen nach den dafür geltenden Bestimmungen zu vernichten.

7. Sicherstellung/Beschlagnahme von Führerscheinen

7.1 Voraussetzungen

Liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111 a Abs. 1, 6 StPO, §§ 69, 69 b StGB) vor, so ist der Führerschein sicherzustellen oder zu beschlagnahmen (§ 94 Abs. 3, § 98 Abs. 1, § 111 a Abs. 6 StPO).

7.1.1 Atemalkoholprüfung

Ist ein Kraftfahrzeug geführt worden, so hat dies jedenfalls dann zu erfolgen, wenn bei vorschriftsmäßiger Beatmung des elektronischen Atemalkoholprüfgerätes (Vortest- oder Atemalkoholmessgerät) 0,55 mg/l (oder 1,1 Promille) und mehr angezeigt werden oder Anhaltspunkte für eine relative Fahruntüchtigkeit bestehen.

7.1.2 Weigerung

Der Führerschein ist auch dann sicherzustellen oder zu beschlagnahmen, wenn von einer relativen oder absoluten Fahruntüchtigkeit auszugehen ist und die beschuldigte Person sich weigert, an der Atemalkoholprüfung mitzuwirken und deshalb eine Blutentnahme angeordnet und durchgeführt wird.

7.2 Verfahren

7.2.1 Abgabe an die Staatsanwaltschaft

Der sichergestellte – auch freiwillig herausgegebene – oder beschlagnahmte Führerschein ist unverzüglich mit den bereits vorliegenden Ermittlungsvorgängen der Staatsanwaltschaft zuzuleiten oder – bei entsprechenden Absprachen – dem Amtsgericht, bei dem der Antrag nach § 111 a StPO oder Antrag auf beschleunigtes Verfahren nach § 417 StPO gestellt wird. Die Vorgänge müssen vor allem die Gründe enthalten, die eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis erforderlich erscheinen lassen.

7.2.2 Rückgabe an Betroffene

Steht fest, dass lediglich eine Ordnungswidrigkeit in Betracht kommt und befindet sich der sichergestellte oder beschlagnahmte Führerschein noch bei der Polizeidienststelle, ist seine Rückgabe an die betroffene Person unverzüglich im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft zu veranlassen.

7.2.3 Ausländische Führerscheine

Nrn. 7.2.1 und 7.2.2 gelten auch für von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellte Führerscheine, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Handelt es sich um andere ausländische Führerscheine, die zum Zweck der Anbringung eines Vermerkes über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis sichergestellt oder beschlagnahmt worden sind (§ 111 a Abs. 6 StPO), gelten sie mit der Maßgabe, dass diese Führerscheine nach der Anbringung des Vermerks unverzüglich zurückzugeben sind.

8. Bevorrechtigte Personen

8.1 Abgeordnete

Soweit von Ermittlungshandlungen Abgeordnete des Deutschen Bundestages, der Gesetzgebungsorgane der Länder oder Mitglieder des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland betroffen sind, wird auf das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10.01.1983 (P II 5-640180/9, GMBl S. 37) verwiesen.
Danach ist es nach der Praxis der Immunitätsausschüsse in Bund und Ländern zulässig, nach Maßgabe von Nr. 191 Abs. 3 Buchst. H, Nr. 192 b Abs. 1 RiStBV Abgeordnete zum Zwecke der Blutentnahme zur Polizeidienststelle und zu einem Arzt zu bringen.
Die sofortige Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheines von Abgeordneten ist nicht zulässig. Die Staatsanwaltschaft ist unverzüglich fernmündlich zu unterrichten.
Mitglieder des Europäischen Parlaments aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dürfen im Bundesgebiet weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden.

8.2 Diplomaten u. a.

Bei Personen, die diplomatische Vorrechte und Befreiungen genießen, sind Maßnahmen nach § 81a, § 81c StPO und die Beschlagnahme des Führerscheins nicht zulässig (§§ 18, 19 GVG). Bei Angehörigen konsularischer Vertretungen sind sie nur unter gewissen Einschränkungen zulässig; danach kommt eine Immunität von Konsularbeamten und Bediensteten des Verwaltungs- und technischen Personals nur dann in Betracht, wenn die Handlung in engem sachlichen Zusammenhang mit der Wahrnehmung konsularischer Aufgaben steht (z.B. nicht bei Privatfahrten). Soweit eine Strafverfolgung zulässig ist, werden bei Verdacht schwerer Straftaten (zum Begriff vgl. Nr. 1.3 der Bekanntmachung des Staatsministeriums der Justiz vom 20. Februar 2009, JMBl. S. 27) gegen die zwangsweise Blutentnahme aufgrund einer Entscheidung der zuständigen Justizbehörden keine Bedenken zu erheben sein (vgl. Rundschreiben des Auswärtigen Amts vom 19. September 2008, GMBl. S. 1154, sowie Nrn. 193 bis 195 RiStBV).

8.3 Stationierungsstreitkräfte

8.3.1 Grundsätze

Bei Mitgliedern der Stationierungsstreitkräfte und des zivilen Gefolges sowie deren Angehörigen sind Maßnahmen nach § 81a, § 81c StPO grundsätzlich zulässig (vgl. Art. VII NATO-Truppenstatut), soweit die Tat
nach deutschem Recht, aber nicht nach dem Recht des Entsendestaates (dessen Truppe hier stationiert ist) strafbar ist, oder
sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht des Entsendestaates strafbar ist, jedoch nicht in Ausübung des Dienstes begangen wird und sich nicht lediglich gegen das Vermögen oder die Sicherheit des Entsendestaates oder nur gegen die Person oder das Vermögen eines Mitgliedes der Truppe, deren zivilen Gefolges oder anderer Angehöriger richtet, und die deutschen Behörden nicht auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit verzichten.
In allen anderen Fällen ist von der Anwendung der §§ 81a, 81c StPO abzusehen, da das Militärrecht verschiedener Stationierungsstreitkräfte die Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen für unzulässig erklärt.

8.3.2 Erlaubnisse zum Führen dienstlicher Kraftfahrzeuge

Auf Führerscheinen, die Mitgliedern der Stationierungsstreitkräfte oder des zivilen Gefolges von einer Behörde eines Entsendestaates zum Führen dienstlicher Kraftfahrzeuge erteilt worden sind, ist § 69b StGB nicht anwendbar (Art. 9 Abs. 6 a und b NTS-ZA). Eine Sicherstellung oder Beschlagnahme eines Führerscheines ist deshalb nicht zulässig. Jedoch nimmt die Polizei den Führerschein im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung (Art. 3 NTS-ZA) in Verwahrung und übergibt ihn der zuständigen Militärpolizeibehörde.

8.3.3 Erlaubnisse zum Führen privater Kraftfahrzeuge

Führerscheine zum Führen privater Kraftfahrzeuge, die Mitgliedern der Stationierungsstreitkräfte oder des zivilen Gefolges und deren Angehörigen im Entsendestaat oder von einer Behörde der Truppe erteilt worden sind, können in den Fällen, in denen die deutschen Gerichte die Gerichtsbarkeit ausüben, nach Maßgabe des § 69b StGB entzogen werden (Art. 9 Abs. 6 b NTS-ZA). Bis zur Eintragung des Vermerks über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis kann der Führerschein sichergestellt oder nach § 111a Abs. 6 Satz 2 StPO auch beschlagnahmt werden. Die Beschlagnahme ist jedoch nur anzuordnen, wenn die Militärpolizei erklärt, keine Ermittlungen führen zu wollen. Erscheint die Militärpolizei nicht oder nicht rechtzeitig, so ist unverzüglich die Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Beschlagnahme einzuholen.

9. Kosten

Die Kosten der körperlichen Untersuchung, der Blutentnahme und ‑untersuchung sowie der Urin- und Haarprobe und deren Untersuchung sind zu den Akten des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens mitzuteilen. Über die Pflicht der Kostentragung wird im Rahmen des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens entschieden. Eine vorherige Einziehung unterbleibt.

10. In-Kraft-Treten

Die Gemeinsame Bekanntmachung tritt am 1. Mai 2001 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, der Justiz und des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit über die Feststellung von Alkohol-, Medikamenten- und Drogeneinfluss bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten; Sicherstellung und Beschlagnahme von Fahrausweisen vom 4. November 1996 (AllMBl S. 703) außer Kraft.